#57: Opfer narzisstischen Missbrauchs? Das bringst du mit, damit es passiert!
Schnell noch ein Selfie für den eigenen Social Media-Account, damit jeder sieht, dass das neue Outfit und die Frisur sitzen. Akribisch werden anschließend Likes und Kommentare kontrolliert. Scheinbar leben wir in einer zutiefst narzisstischen Gesellschaft. Nie war es dank Internet einfacher und zugleich sozial angesagter, sich selbst zu inszenieren. Ganz wie das berühmte antike Vorbild, der schöne Jüngling Narziss. Narzissmus beziehungsweise eine narzisstische Persönlichkeitsstörung werden daher heute schnell – vielleicht auch zu schnell – diagnostiziert und gleich auf die ganze Gesellschaft übertragen. Gerne wird der Begriff leider auch in einem falschen Zusammenhang gebraucht. Narzissmus ist eine Krankheit und hat nichts mit bloßer Eitelkeit oder Geltungssucht zu tun. Narzissten haben ein übersteigertes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Bewunderung. Oft ist ihr Verhalten von Arroganz und Selbstidealisierung gekennzeichnet. Kritik akzeptieren sie in der Regel nicht, Misserfolg kann sie in schwere Krisen stürzen. Denn tief in ihrem Inneren haben sie ein schwaches Selbstbewusstsein und einen Mangel an wirklicher gesunder Selbstliebe. Trotz ihrer hohen Ich-Bezogenheit sowie Empathie- und Emotionslosigkeit sind Narzissten oft in der Lage, sehr gut die Bedürfnisse des anderen erfassen und befriedigen. Aber nur, so lange es ihnen nutzt beziehungsweise sie es so wollen. Sie sind sehr manipulativ und daher häufig in der Lage, andere für sich und ihre Zwecke zu gewinnen.
In einer Beziehung mit einem Narzissten folgt dem romantischen „Love-Bombing“ daher in der Regel das böse Erwachen. Während sich das Machtgefüge immer mehr zugunsten des Egomanen verschiebt, sind die Opfer des narzisstischen Missbrauchs meistens nicht in der Lage, sich zu schützen und die Beziehung zu beenden. Zu schön waren die ersten Erlebnisse, wurden doch scheinbar tiefste Bedürfnisse befriedigt. Häufig haben die Opfer des narzisstischen Missbrauchs seit ihrer Kindheit unter mangelnder Aufmerksamkeit gelitten und kein gesundes Selbstwertgefühl aufbauen können.
Maren hat viele Jahre eine Ehe mit einem Nazissten ausgehalten, bis sie endlich mit ihren beiden Kindern die Flucht aus der alltäglichen Hölle angetreten hat – viel zu spät, wie sie heute weiß. Sie hat in Coachings und dank Selbsthilfe ihre Beziehung, aber auch ihr Verhalten aufgearbeitet. Als Leiterin der Potsdamer Selbsthilfegruppe zum narzisstischen Missbrauch gibt sie nun anderen wertvolle Tipps. In der Gruppe treffen sich Männer und Frauen, auch Missbrauch durch Eltern ist ein Thema. Auch wenn es nicht alle hören wollen: Maren weiß, dass niemand nur unschuldig in die Falle eines Narzissten tappt. Zum Missbrauch trägt auch das „Opfer“ seinen Teil dazu bei. Mehr dazu in dieser Folge!
Gast: Maren Moderation: Oliver Geldener
Selbsthilfegruppe: Narzisstischer Missbrauch, Betroffene Erfahrungsaustausch jeden 3. Mittwoch im Monat | 18:00 - 20:00 Uhr | im SEKIZ, Hermann-Elflein-Straße 11 Kontakt über das SEKIZ erfragen: Tel.: 0331 62 00 280 | Mail: hilfe@sekiz.de
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